Der Inhalt dieser Seite ist leider noch auf Deutschland ausgelegt für Österreich werde ich recherchieren und bald veröffendlichen!
Inhalt
0 Warum noch über Cannabis nachdenken?
1 Die Gefahren, die von Cannabisprodukten ausgehen
2 Andere Argumente für das Cannabisverbot
3 Wie sollte der Handel geregelt werden?
4 Drogenpolitische Folgen der Legalisierung
5 Weitere Folgen der Legalisierung
6 Fazit
0 Warum noch über Cannabis nachdenken?
Am 9. März 1994 (BverfGE 90,145) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß das Verbot von Cannabisprodukten von der Verfassung noch gedeckt sei, die Strafandrohung bei kleinen Mengen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken aber nicht umgesetzt werden sollte. Damit darf das letzte Wort in dieser Diskussion aber nicht gesprochen sein. Im Gegenteil, ein Gesetz am Rande des verfassungsrechtlichen Rahmens muß besonders kritisch geprüft werden.
1 Die Gefahren, die von Cannabisprodukten ausgehen
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß ausführlich dargestellt, welche Gefahren durch Cannabis drohen und welche nicht: Cannabis ruft keine körperliche Abhängigkeit hervor. Es bewirkt keine Toleranzbildung. Die Theorie von Cannabis als „Einstiegsdroge“ wird von der Wissenschaft „überwiegend abgelehnt“ .
Als vorhandene Gefahren beschreibt das Gericht: psychische Abhängigkeit (Allerdings ist das Suchtpotential „sehr gering“ ), mögliche psychische Störungen (Verhaltensstörungen, Lethargie, Depressionen, …) vor allem bei Jugendlichen, einen „Umsteigeeffekt“ sowie die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit.
1.1 Der Umsteigeeffekt („Einstiegsdroge“)
Psychische Abhängigkeit, psychische Störungen und eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit sind offensichtlich Gefahren, mit denen man sich auseinandersetzen muß, bevor man die Legalisierung von Cannabis fordern kann. Die vierte genannte Gefahr, der Effekt des Umsteigens auf harte Drogen, ist aber laut Bundesverfassungsgericht auf den gemeinsamen Drogenmarkt zurückzuführen. Da es bei einer Legalisierung von Cannabis keinen gemeinsamen Drogenmarkt von Cannabis und z.B. Heroin mehr gäbe, spricht dieser Punkt für die Legalisierung: Wenn denen, die einmal eine anderes Rauschmittel als Alkohol probieren möchten, eine legale Möglichkeit eröffnet wird, ersparen sie sich die Suche nach einem Dealer, bei dem sie dann meist auch harte Drogen kaufen können.
1.2 Die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit
Die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit stellt natürlich eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar. Selbstverständlich muß das Autofahren während eines Cannabisrauschs verboten bleiben. Aufgrund dieser Gefahr jedoch den Konsum gleich zu verbieten, wäre eine maßlose Überreaktion. Dies ist so offensichtlich, daß ein Verweis auf die Gleichbehandlung mit Alkohol und Medikamenten (z. B. Sedativa) fast überflüssig erscheint.
1.3 Die Möglichkeit der psychischen Abhängigkeit
In der Bewertung der Risiken ist der bekannte Vergleich zu Alkohol hilfreich. Dessen Suchtpotential ist hoch: Es macht nicht nur psychisch, sondern auch physisch süchtig. Es gibt in der Bundesrepublik mehrere Millionen Alkoholiker und jedes Jahr eine große Zahl Alkoholtoter.
Über Cannabis sagt das Bundesverfassungsgericht: „Andererseits wird die Möglichkeit einer psychischen Abhängigkeit kaum bestritten, dabei wird aber das Suchtpotential der Cannabisprodukte als sehr gering eingestuft.“ Das Suchtpotential von Cannabis ist anscheinend wesentlich geringer als das der legalen Droge Alkohol.
1.4 Die Möglichkeit psychischer Störungen
Die Broschüre „Alltagsdrogen und Rauschmittel“, herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, nennt folgende psychische Störungen, die Alkohol verursachen kann: „…Schäden auf seelischem Gebiet, Nachlassen des Gedächtnisses, verminderte Leistungsfähigkeit, Depressionen, Angst…“ Der Große Brockhaus nennt zusätzlich das Delirium „mit Sinnestäuschungen, bes. opt. Halluzinationen, und mit örtl. und zeitl. Desorientiertheit.“
Die entsprechende Bewertung von Cannabis (Bundesverfassungsgericht): „Ferner wird beschrieben, daß der Dauerkonsum von Cannabisprodukten zu Verhaltensstörungen, Lethargie, Gleichgültigkeit, Angstgefühlen, Realitätsverlust und Depressionen führen könne und dies gerade die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen nachhaltig zu stören vermöge.“
Die Gefahren psychischer Störungen bei langem Konsum von Alkohol und Cannabis sind wohl vergleichbar.
Nicht so die Gefahren physischer Störungen. Diese sind bei Alkohol bekanntermaßen groß. Bei Cannabis sind sie laut Bundesverfassungsgericht „eher gering“ und das Gericht nennt dann auch keine Beispiele. Und dementsprechend gibt es auch keinen belegten Fall eines Menschen, der an einer Überdosis Cannabis gestorben wäre.
Ein Lübecker Gericht kam daher zu dem Schluß: „das reale Risiko von Cannabis liegt sehr weit unter dem mit Nikotin und Alkohol verbundenen Risiko“. Die vom Bundesverfassungsgericht genannten psychischen Gefahren bezeichnet dieses Gericht als „sehr seltene Einzelfälle“ „bei langjährigem chronisch-exzessivem Konsum.“
1.5 Fazit
Das Bundesverfassungsgericht behauptet, von Cannabisprodukten gingen „auch nach dem jetzigen Erkenntnisstand nicht unbeträchtliche Gefahren und Risiken“ aus, die ein Verbot rechtfertigten. Diese Folgerung hält dem Vergleich zu Alkohol nicht stand.
2 Andere Argumente für das Cannabisverbot
Die angeblich „nicht unbeträchtlichen Gefahren“ reichten dem Bundesverfassungsgericht zur Begründung eines Verbots anscheinend nicht aus. Es wurden daher noch weitere Argumente vorgebracht.
2.1 Alkohol – Droge oder Genußmittel?
Der Frankfurter Rundschau vom 29.04.1994 ist als Argument des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen: „Alkohol werde nicht überwiegend konsumiert, um Rauschzustände zu erreichen. Dagegen ziele Cannabiskonsum typischerweise auf die berauschende Wirkung.“ Der Brockhaus sagt dazu, schon „der Genuß alkoholischer Getränke in kleinen Mengen wirkt anregend“ und „Der übermäßige Genuß von Alkohol ist ein weltweit schnell wachsendes Problem.“
Dieses Problem verschweigt des Bundesverfassungsgericht: Alkohol ist nicht einfach ein Genußmittel, von dem man ein wenig trinkt, weil es schmeckt. Alkohol wird viel zu oft übermäßig getrunken, wie die Zahl der Alkoholtoten beweist!
2.2 Ein „sozialethisches Unwerturteil“
In einem Minderheitenvotum hat sich die Verfassungsrichterin Karin Grasshof für das Verbot von Cannabis ausgesprochen, das nötig sei, um das „sozialethische Unwerturteil“ zum Ausdruck zu bringen. Cannabiskonsum sei also verwerflich, und das soll der Richterin zufolge auch durch ein Strafgesetz ausgedrückt werden. Nicht so der Alkoholkonsum. Er ist zwar weit schädlicher, wird aber von der Gesellschaft akzeptiert. Die Ansicht einer Mehrheit in der Gesellschaft in Strafrecht umzumünzen ist aber nicht automatisch gerecht: Die Mehrheit bestimmt so, auf welche Weise der Einzelne sich berauschen darf, ohne auf die Gefährlichkeit der gewählten Droge zu achten. Sie schränkt also seine Freiheit ohne Berücksichtigung rationaler Argumente ein.
2.3 Tradition
In Diskussionen über die Legalisierung war zu hören, daß Cannabiskonsum im Gegensatz zum Alkoholkonsum in Europa keine Tradition habe. Abgesehen davon, daß Tradition kein Unrecht rechtfertigen kann: Es ist nicht einmal wahr. Hanf war den Germanen schon vor mindestens 2500 Jahren bekannt (laut Brockhaus) und wurde noch bis in die Mitte dieses Jahrhunderts (im Süddeutschen Raum unter dem Namen „Knaster“) konsumiert.
2.4 Fazit
Kein Argument für die Strafbarkeit von Cannabisprodukten ist bei näherer Betrachtung stichhaltig genug, um die große Zahl von Cannabiskonsumenten zu kriminalisieren.
3 Wie sollte der Handel geregelt werden?
Eine wichtige Frage bei der Legalisierung ist, wie der legale Handel geregelt werden soll. Dabei ist unter anderem zu beachten, wie man Jugendliche möglichst effektiv vom Cannabiskonsum ausschließen kann, da laut Verfassungsgericht vor allem diesen psychische Schädigungen drohen. Es muß auch darauf geachtet werden, daß keine zusätzlichen Anbieter von harten Drogen geschaffen werden.
3.1 Supermärkte
Der freie Verkauf von Cannabis sogar in Supermärkten wäre die konsequente Gleichstellung zum Alkohol. Er birgt jedoch die große Gefahr, daß der Zugang auch Jugendlichen leicht möglich wäre. Eine Kontrolle aller Verkaufsstellen wäre ausgeschlossen.
3.2 „Coffee Shops“
In den Niederlanden wird der Cannabiserwerb in sogenannten „Coffee Shops“ geduldet. Bei einer überschaubaren Zahl solcher Cafés könnte in unregelmäßigen Abständen kontrolliert werden, ob illegale Drogen abgeben werden oder Jugendlichen der Cannabiserwerb oder -konsum ermöglicht wird.
3.3 Apotheken
Apotheken sind den Umgang mit Betäubungsmitteln gewöhnt. Es ergäbe sich durch den Handel mit Cannabisprodukten keine zusätzliche Gefahr des Handels mit illegalen Stoffen. Die ausschließliche Abgabe an Erwachsene sollte durch Apotheker kontrollierbar sein.
Eine Abgabe nur auf Rezept ist aber abzulehnen. Sie wäre eine Diskriminierung der Cannabiskonsumenten im Vergleich zu Alkoholkonsumenten, die ihr Rauschmittel fast überall bekommen.
3.4 Fazit
Die Abgabe von Cannabisprodukten durch Apotheken scheint geeignet, Mißbrauch zu verhindern. Außerdem bewirkt der Verkauf in Apotheken eine größere Hemmschwelle als der in gemütlichen Cafés.
Vermarktungsorientierte Werbung für Cannabisprodukte muß verboten sein, wie es auch für Alkohol und Nikotin gelten sollte. Sachliche Aufklärung muß hingegen gestattet werden.
4 Drogenpolitische Folgen der Legalisierung
Welche Auswirkungen auf die Drogenpolitik sind von einer Legalisierung zu erwarten?
4.1 Die Rechtsunsicherheit wird beendet
Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts sollen die Behörden bei geringen Mengen von Cannabisprodukten von der Strafverfolgung absehen. Diese Regelung kann zu Willkürentscheidungen von Staatsanwälten führen. Denn: Wie groß ist sie, die „geringe Menge“? Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesländer aufgefordert, für eine einheitliche Einstellungspraxis zu sorgen. Der Presse war jedoch zu entnehmen, daß das bis heute nicht gelungen ist.
Dieser Zustand der Rechtsunsicherheit wäre durch eine Legalisierung endgültig beendet.
4.2 Transparenter Cannabismarkt
Ein staatlich kontrollierter Markt für Cannabisprodukte wäre von Vorteil:
Für den Konsumenten, der sich sicher sein kann, eine Droge zu konsumieren, die frei von Streckmitteln gewinnsüchtiger Dealer ist. Für die Wissenschaft, die dann aussagekräftige Daten über Cannabiskonsum und -konsumenten gewinnen kann. Und für den Staat, der mit Hilfe dieser Daten eine systematischere Drogenprävention durchführen kann.
4.3 Glaubwürdigere Drogenpolitik und -aufklärung
Die heutige Drogenaufklärung unterscheidet leider nur selten realistisch genug zwischen harten und weichen Drogen. Sie beschreibt oft nur negative Rauschzustände wie Ängste. Teilweise wird noch das Märchen erzählt, daß einem Drogen untergeschmuggelt werden, um einen süchtig zu machen. Das sind gewiß gutgemeinte Versuche, junge Menschen von Drogen fernzuhalten. Aber nur realistische Aufklärung kann potentielle Konsumenten von harten Drogen abschrecken.
Wenn sich die differenzierende Bewertung von Drogen in Strafrecht und Aufklärung durchgesetzt hat, ist der Kampf gegen harte Drogen leichter zu führen. Man kann jungen Menschen dann erklären, Alkohol und Cannabis bergen diese und jene Gefahren, dürfen aber von Erwachsenen konsumiert werden, Heroin und Crack sind aber deutlich gefährlicher und daher verboten.
4.4 Ausdünnung des illegalen Drogenmarkts
Der Umsatz der Drogenmafia würde sich in Deutschland durch die Legalisierung von Cannabisprodukten verringern. In der Folge gäbe es weniger Dealer. Das würde vielen Menschen, gerade der Landbevölkerung, den Zugang zu anderen Drogen erschweren.
4.5 Fazit
Die Legalisierung von Cannabis könnte einen kontrollierteren und weniger gefährlichen Konsum ermöglichen. Außerdem wäre er hilfreich im Kampf gegen weit gefährlichere Drogen.
5 Weitere Folgen der Legalisierung
Was würde die Legalisierung über den Rahmen der Drogenpolitik hinaus bewirken?
5.1 Zusätzliche Steuereinnahmen
Der illegale Drogenhandel kann von keinem Finanzamt kontrolliert werden. Ein legaler Handel mit Cannabis wäre hingegen eine zusätzliche Geldquelle für den Staat. Auch wenn der Staat auf eine spezielle Besteuerung in der Art der Tabak- und der Alkoholsteuern verzichtet, würde der Handel in jedem Fall von der Umsatzsteuer erfaßt.
5.2 Konzentration der Strafverfolgungsbehörden auf wichtigere Aufgaben
Noch müssen Polizisten, Staatsanwälte und Richter sich mit Cannabis beschäftigen. Dabei gibt es ja wirklich Wichtigeres zu tun: Es gilt, das organisierte Verbrechen zu bekämpfen und die innere Sicherheit zu gewährleisten. Diese Ziele würden durch eine Legalisierung von Cannabis unterstützt, da zusätzliche Kräfte der Strafverfolgungsbehörden dafür bereitgestellt werden könnten.
5.3 Die verbotene Medizin
THC, der Hauptwirkstoff von Cannabis, wurde 1980 in den USA als klinisch brauchbares Medikament klassifiziert. In folgenden Anwendungsbereichen liegen positive Erkenntnisse vor, die sich nach einer Legalisierung erforschen und nutzen ließen:
– Antibiotika
– Antibrechmittel und Appetitanreger (bei Chemotherapien lebensrettend)
– Asthma
– Augenleiden (grüner Star)
– Epilepsie
– Beruhigungs- und Antischmerzmittel
5.4 Fazit
Die Legalisierung brächte der Gesellschaft bedeutende finanzielle Vorteile. Und sie würde die vielfältige medizinische Anwendung von Cannabis ermöglichen.
6 Fazit
Die derzeitige Gesetzeslage stellt Menschen, die sich berauschen wollen, vor die Wahl, dieses entweder sehr gesundheitsschädlich und legal, oder weniger gesundheitsschädlich, dafür aber illegal zu tun. Dieser Zustand ist unhaltbar.
Cannabis muß legalisiert werden. Eike Sauer, 1995-97. Kommentare, Ergänzungen, Gegenargumente und Beleidigungen an eikes@cs.tu-berlin.de.
Das Original dieses Textes liegt unter http://user.cs.tu-berlin.de/~eikes/cannabis.html.
Fragen ud Antwort
2.1 Ist Kiffen nun erlaubt oder nicht?
Kiffen an sich war in der BRD nie verboten. Bestraft werden kann laut § 29 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), wer illegale Betäubungsmittel (also z.B. Cannabis) „anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft.“ Außerdem sind Besitz, Durchfuhr und einige andere Dinge verboten. Der Konsum kommt jedoch im BtMG nicht vor und ist somit erlaubt.
Diese Rechtslage wird damit begründet, daß „Selbstschädigung“ (durch Konsum) in der Bundesrepublik nicht bestraft wird. Der Besitz bringe aber die Gefahr der Weitergabe mit sich, und ist daher verboten. Das ist vielleicht mit Waffenbesitz vergleichbar, der zwar für sich genommen noch niemandem schadet, aber dennoch eine Bedrohung der Allgemeinheit darstellt. Und der Gesetzgeber glaubt, daß das auch für Cannabisbesitz gelte.
Es ist juristisch anerkannt, daß man Drogen konsumieren kann, ohne sie zu besitzen. Wer zum Beispiel einen Joint annimmt, um daran zu ziehen und ihn dann zurückzugeben (statt ihn weiterzugeben), hat ihn juristisch gesehen nicht besessen. Von praktischer Bedeutung ist die Legalität des Konsums, wenn jemandem durch einen Test oder eigene Aussage nachgewiesen wird, daß er illegale Drogen konsumiert hat. Da daraus nicht auf einen Besitz geschlossen werden kann, müßten dann die Umstände des Konsums untersucht und der Besitz nachgewiesen werden. Denn sonst gilt „im Zweifel für den Angeklagten“ – und der Konsument bleibt straffrei.
2.2 Geringe Mengen sind doch jetzt legal, oder?
Im Prinzip nein. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das Verbot bestätigt (BverfGE 90,145). In Fällen jedoch, die „gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind, […] werden die Strafverfolgungsorgane nach dem Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen haben.“
„Geringe Mengen“ von Cannabis sind also weiterhin verboten und müssen dementsprechend beschlagnahmt werden. Staatsanwälte und Richter sollen aber von der Verfolgung absehen bzw. den Prozeß einstellen, wenn man das Cannabis unter den genannten Bedingungen „anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.“ (§ 31a BtMG)
Zu beachten sind dabei die Einschränkungen. Da ist die „geringe Menge“ (s.u.). Man darf das Cannabis ausschließlich zum eigenen Konsum besitzen („Eigenverbrauch“). Man muß glaubhaft machen können, daß man nicht regelmäßig konsumiert („gelegentlich“). Außerdem darf keine Fremdgefährdung vorliegen. Das ist allein in der eigenen Wohnung bestimmt gegeben, auf einem Schulhof bestimmt nicht. Dazwischen liegt ein breiter Ermessensspielraum.
2.3 Wie groß ist eine „geringe Menge“?
Trotz ausdrücklicher Aufforderung des BVerfG haben sich die Bundesländer nicht auf eine bundesweit einheitliche Menge geeinigt. In der darauffolgenden Jahren wurde die Grenze von den verschiedenen Bundesländern sehr unterschiedlich oder auch gar nicht gesetzt.
Im Laufe der Jahre 2006 und 2007 änderten mehrere Bundesländer ihre Grenze, so dass es 2007 nur noch drei Grenzwerte gibt: Berlin, Bremen und Niedersachsen setzen die „geringe Menge“ bei 15 Gramm an, Mecklenburg-Vorpommern bei fünf Gramm. Baden-Württemberg betrachtet drei „Konsumeinheiten“ als geringe Menge. Als Konsumeinheit werden oft 2 Gramm betrachtet, so dass dort sechs Gramm als Grenze gelten dürfte. Alle übrigen Bundesländer haben sechs Gramm als geringe Menge festgelegt.
2.4 Was ist eine „nicht geringe Menge“?
Nicht alles, was keine „geringe Menge“ ist, ist deshalb gleich eine „nicht geringe Menge“.
In § 29a BtMG steht: Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel […] an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder […] zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge […] Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt. Diese Taten gelten als Verbrechen und die Strafen werden nur in Ausnahmefällen zur Bewährung ausgesetzt.
Der Bundesgerichtshof hat für die „nicht geringe Menge“ einen Richtwert von 7,5 Gramm THC (je nach Qualität zwischen 50 und 150 Gramm Haschisch/Gras) angesetzt. Laut Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 90, 145 (170)) kann diese Grenze „zur Vermeidung einer im Blick auf Art und Menge des eingeführten Betäubungsmittels als unangemessen hoch angesehenen Strafe“ von Gerichten im Einzelfall auch höher angesetzt werden.
2.5 Ist Cannabis als Medizin erlaubt?
Cannabis ist als Medikament genausowenig erlaubt wie als Genußmittel.
Aber der (psychotrope und medizinisch wirksame) Hauptwirkstoff von Cannabis, Delta-9-THC (Dronabinol/Marinol), wurde 1998 als Arzneimittel zugelassen und in die Anlage III des BtMG aufgenommen. Er kann daher jetzt verschrieben werden.
Allerdings braucht der Patient ein Betäubungsmittelrezept vom Arzt und die Apotheke eine spezielle Genehmigung des Bundesamts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Inzwischen gibt es einen deutschen Produzenten von THC namens THC Pharm GmbH (The Health Concept). Dort produziertes THC ist zwar immer noch reichlich teuer, aber deutlich billiger als Importware.
2.6 Sind Samenbesitz und Anbau erlaubt?
Hanfanbau ist zwar inzwischen erlaubt, aber nur für landwirtschaftliche Betriebe ab einer gewissen Größe und nur für den Anbau zugelassener Nutzhanf-Sorten. Als Nutzhanf werden Cannabispflanzen bezeichnet, die aufgrund ihres geringen THC-Anteils nicht als Droge, sondern ausschließlich als Faserproduzent dienen können.
Der Umgang mit Hanfsamen war bis zum 1.2.1998 legal. Doch durch
Änderungen des BtMG sind jetzt nur noch Samen, die „nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt“ sind, von der Anlage I des BtMG augeschlossen. Die anderen stehen damit rechtlich mit Haschisch, aber auch mit Heroin auf einer Stufe. Wer einige Samen für einen Euro pro Stück oder zusammen mit z.B. Pflanzenbeleuchtungsanlagen kauft oder verkauft, macht sich daher strafbar.
2.7 Wie ist das mit dem Führerscheinentzug?
Im Dezember 2004 beschloss das Bundesverfassungsgericht, dass Spuren von THC im Blut nicht automatisch bedeuten, dass ein Fahrer „unter der Wirkung“ einer Droge steht. Es geht davon aus, dass bei einer Konzentration von weniger als 1 Nanogramm THC pro Milliliter Blut nicht mehr von einem Drogeneinfluss ausgegangen werden kann. (Beim Beschwerdeführer wurden 16 Stunden nach dem Konsum 0,5 Nanogramm gemessen.)
Wird die Grenze überschritten, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Man muß mit einem Bußgeld bis zu 1500 Euro, Fahrverbot bis zu drei Monaten und Punkten in Flensburg rechnen. Beim ersten Verstoß werden laut Verkehrsministerium in der Regel eine Geldbuße von 250 Euro, ein Monat Fahrverbot und vier Punkte fällig.
Für einen Straftatbestand („Trunkenheit im Verkehr“, § 316 StGB) reicht die bloße Feststellung von Drogeneinfluss jedoch nicht aus. Dafür muss die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nachgewiesen werden.
Es wird aber auch die Fahreignung von Menschen angezweifelt, die zwar gekifft haben, aber gar nicht bekifft gefahren sind. Diese sollen in einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), die mehrere hundert Euro kostet, ihre Fahrtüchtigkeit beweisen.
Allerdings hat das BVerfG 1993 entschieden (Az: 1 BvR 689/92), daß einmaliger Haschischkonsum eine derartige Untersuchung nicht rechtfertigt. Daher wurde häufig versucht, in einem sogenannten Drogenscreening den regelmäßigen Konsum zu beweisen.
Zu dieser Praxis gab es drei Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts im Sommer 2002 (Az: 1 BvR 2062/96, 1 BvR 2428/95, 1 BvR 1143/98). Danach „geht die Kammer davon aus, daß der einmalige oder nur gelegentliche Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr für sich allein kein hinreichendes Verdachtsmoment bildet“, daß man Cannabiskonsum und Strassenverkehr nicht trennen kann. Nicht zur Entscheidung angenommen wurde allerdings der Fall eines Taxifahrers, bei dem im Aschenbecher des Autos ein Joint-Stummel gefunden wurde. In den anderen Fällen wurde entschieden, daß eine Verweigerung des Drogenscreenings nicht zum Entzug des Führerscheins hätte führen dürfen.
2.8 Dürfen Polizisten wegsehen?
Nein, eigentlich nicht. „Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten.“ (§ 163 StPO). Für die Staatsanwaltschaft und das Gericht sieht das BtMG die Möglichkeit vor, von der Verfolgung abzusehen bzw. einen Prozeß einzustellen. Polizisten haben kein vergleichbares Recht. Theoretisch riskieren Polizisten beim Wegsehen sogar eine höhere Strafe (für „Strafvereitelung im Amt“) als der Drogenbesitzer.
3.1 Wie gut sind Drogensuchhunde?
Es sind viele Methoden im Umlauf, die kaum oder gar nicht geeignet sind, Suchhunde in ihrer Arbeit zu behindern. Dazu gehört der Pfeffer zum Betäuben des Geruchssinns genauso wie Plastiktüten zum Verpacken (da diese Gerüche durchlassen).
Cannabis ist für den Drogensuchhund eine leichtere Beute als zum Beispiel Kokain oder LSD, wie man sich auch mit menschlicher Nase leicht vorstellen kann. Dennoch haben diese Hunde ihre Schwächen.
Bei Höhen über 1,80 Meter kann ein Hund nicht mehr viel riechen, weil sich der Geruch von gut verpacktem Cannabis nicht so weit verbreitet. „Gut verpackt“ ist Cannabis zum Beispiel in einem gasdichten Glasbehälter (Laborbedarfsladen) oder in einem verschweißten Metallbehälter. Aber auch nur, wenn die Außenseite nicht mit Cannabisspuren verunreinigt ist.
Für eine Karriere als Drogenschnüffler braucht ein Hund einen ausgeprägten Spieltrieb. Der läßt sich auch ausnutzen, um den Hund abzulenken. Noch größere Ablenkung verspricht aber der Sexualtrieb. Es soll nicht wenige Suchhunde geben, die beim Anblick (und Geruch!) einer Hundedame alles andere vergessen.
Wer Cannabis in den Radkappen seines Autos schmuggelt, könnte versuchen, vorher durch etwas Buttersäure zu fahren, da dieser Geruch doch recht ablenkend wirken könnte.
Aber nicht vergessen: Drogensuchhunde treten immer mit menschlichen Begleitern auf. Und die haben diese Informationen auch…
3.2 Sollte man Cannabis mit der Post verschicken?
Es gibt glaubwürdige Berichte, daß schlecht verpacktes Cannabis erfolgreich über Staatsgrenzen hinweg verschickt wurde. Trotzdem scheint es nicht ratsam, es zu probieren. Ein Spürhund, der durch eine Postabteilung geführt wird, würde es ohne großen Aufwand finden. Natürlich könnte der Empfänger behaupten, von der Sendung nichts gewußt zu haben. Dann muß er sie aber bei Erhalt umgehend der Polizei melden. Findet nun die Polizei einen entsprechenden Brief, kann sie ihn dem Empfänger zukommen lassen und zugreifen, wenn dieser das nicht sofort anzeigt.
3.3 Was leisten Blut-, Urin- und Haaruntersuchungen?
In Blut und Urin können bei sporadischem Konsum einige Tage lang Spuren festgestellt werden. Bei „chronischem“ Konsum können nach dem Absetzen manchmal noch bis zu einen Monat lang positive Ergebnisse auftreten.
Haare speichern Cannabisspuren dauerhaft. Man kann bei Untersuchung der Haare also je nach Haarlänge auch ziemlich lang zurückliegenden Konsum nachweisen. Auch Körperhaare können für eine solche Untersuchung verwendet werden.
3.4 Was droht Drogenkonsumenten bei der Musterung?
Bei der Musterung wird eine Urinprobe verlangt. Diese wird aber nicht auf Drogen untersucht. Daher kann man auch die Frage nach Drogenkonsum, die einem (neben vielen anderen) gestellt wird, gefahrlos verneinen. Einige hoffen, mit eingestandenem Drogenkonsum um den Wehrdienst herumzukommen. Schlechte Nachricht: Zumindest Cannabiskonsum hilft da nicht.
Es gibt also eigentlich keinen guten Grund, Drogenkonsum zu gestehen. Wer es dennoch tut, hat aber auch kaum Folgen zu befürchten: Viele werden zum Psychologen geschickt. Lästig, aber harmlos. Außerdem kann es einem passieren, daß man weder an Autos noch an Waffen gelassen wird. Bösere Folgen gibt es nicht, da die Ärzte der Schweigepflicht unterliegen.
Joe Wein hat mir von einem Zeitsoldaten berichtet, der keinen Drogenkonsum angegeben hatte, und trotzdem bei der Musterung auf THC untersucht wurde. Es sei noch einmal ausdrücklich gesagt: Alle Angaben ohne Gewähr.
3.5 Was tun, wenn man Probleme mit der Polizei hat?
Ist man in unangenehmen Kontakt mit den Freunden und Helfern gekommen, ist die wichtigste Grundregel: Aussage verweigern. Man muß nur Angaben zur Person (Name/Wohnsitz/Geboren(Datum und Ort)) machen. Wer mehr sagt, kann sich eigentlich nur schaden, denn entlastende Aussagen kann man später immer noch machen. Belastende Aussagen kann man zwar widerrufen, aber nicht mehr ungesagt machen. Eine Aussageverweigerung wird in keinem Fall als Schuldeingeständnis gewertet.
Es kann auch nicht schaden, sich Name und Dienstnummer der Beamten geben zu lassen (und aufzuschreiben, ihr wißt ja, wie das mit dem Kurzzeitgedächtnis ist…), mit denen man zu tun hat. Wenn die Polizisten etwas unternehmen, das einem seltsam (illegal) vorkommt, z.B. eine Hausdurchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl, dann sollte man dagegen Widerspruch einlegen (aber nicht eingreifen!), und zwar schriftlich oder „zur Niederschrift“ (diktieren). Stellt sich die Aktion im Nachhinein tatsächlich als illegal heraus, kann man den Beamten den verdienten Ärger machen.
Werden Gegenstände konfisziert, kann man sich Art und Menge quittieren lassen. Allerdings soll es schon vorgekommen sein, daß Polizisten eine geringere Menge abgeliefert haben als sie tatsächlich mitgenommen hatten. Das nützt nicht nur den Polizisten, es kann auch dem Ex-Besitzer eine geringere Strafe bescheren.
3.6 Wer hilft mir, wenn es zum Prozeß kommt?
Wenn nicht die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen geringer Schuld einstellt, wenn es also zum Prozeß kommt, sollte man sich einen Anwalt suchen. Ein Prozeß ist in den Händen eines Profis natürlich besser aufgehoben als in denen einer FAQ (von einem Laien). Eine Akteneinsicht darf sogar ausschließlich ein Anwalt nehmen. Für bestimmte bedürftige Gruppen (Schüler, Studenten, …) gibt es beim zuständigen Gericht einen Rechtsberatungsschein. Wer diesen Schein hat, kommt bei der Beratung durch einen Anwalt billiger weg.
Wer Hilfe braucht, zum Beispiel bei der Suche nach einem geeigneten Anwalt, kann sich an die „Grüne Hilfe“ wenden. Sie ist im Web unter www.gruene-hilfe.de zu erreichen. Auf der Website findet man übrigens auch ein Spendenkonto…
4.1 Quellen
- Gesetzes- und Urteilstexte
- Artikel in der Zeitschrift „Hanf!“
- diverse Postings in de.soc.drogen
- Artikel über Drogenspürhunde von Christiane Eisele
- Pressemitteilungen und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (http://www.bverfg.de)
- Texte zum Führerscheinproblem von Michael Hettenbach
- „FAQ: Verhalten im Behördenkontakt“ (1995) von Matthias Fischmann
- „Cannabis in Apotheken“, Raschke/Kalke 1997 (ISBN 3-7841-0959-4)
- „Drogen und Psychopharmaka“; Julien, Robert M. 1997 (ISBN 3-8274-0044-9)