Gelegentlicher Konsum von Cannabis ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen gefährdet in Österreich den Führerschein nicht. Viele Führerscheinbehörden wissen das anscheinend nicht, obwohl das erste Urteil des Verwaltungsgerichtshofs bereits vor 10 Jahren erging. Aber immer mehr Cannabisuser wissen bescheid und setzen sich gegen Bescheide der Führerscheinbehörden erfolgreich zur Wehr.
S.V. (Name geändert) musste bei der Polizei aufgrund belastender Aussagen zugeben, eineinhalb Jahre lang monatlich ca 20 gr Cannabis geraucht zu haben. Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch verlangte deshalb eine amtsärztliche Untersuchung. Dagegen wehrte sich S.V. nicht. Er wäre vermutlich nicht durchgekommen.
Bei der Amtsärztin lieferte S.V. einen Harn ohne THC-Rückstände ab. Die Amtsärztin wollte trotzdem zusätzlich das Gutachten eines Psychiaters, welches S.V. erstellen ließ.
Dann verlangte die Amtsärztin ein verkehrspsychologisches Gutachten („Psychotest“), „weil sie es braucht“, um ihr eigenes Gutachten fertig zu stellen. Verkehrspsychologische Begutachtungen können mit bösen Überraschungen enden und schon ist der Schein weg. Oft gewinnt man den Eindruck, das Gesetz sei den Verkehrspsychologen nicht scharf genug und sie „legen noch ein Schäuferl nach“.
S.V. entschied sich, dem Verlangen der Amtsärztin nach einem verkehrspsychologischen Gutachten nicht zu entsprechen. Die Berufung gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hatte beim UVS keine Chance. Der Verwaltungsgerichtshof enttäuschte hingegen die in ihn gesetzten Erwartungen nicht: Bei einem Führerschein der Klasse B kann der Amtsarzt nur bei „verkehrspsychologisch auffallendem Verhalten“, etwa Verursachung von Unfällen oder anderen Verkehrsverstößen, ein verkehrspsychologisches Gutachten verlangen. Dies muss der Amtsarzt (die Führerscheinbehörde) konkret begründen. S.V. muss den Test nicht machen.
Kommentar Dr Gebhard Heinzle, Rechtsanwalt in Bregenz:
• S.V. hat den Mut, den Rechtsweg zu beschreiten, und erreichte eine Klarstellung, die allen Cannabisusern zugute kommt. Er erspart sich die Kosten des Verkehrspsychologen und das Risiko, beim Test „durchzufallen“.
• Das österreichische Führerscheinrecht unterscheidet im Prinzip nicht, ob psychotrope Substanzen erlaubt oder verboten sind. Im Grundsatz behandelt es Alkohol und Cannabis gleich.
• Der Verwaltungsgerichtshof hat mit diesem Urteil vom 17.06.2009 das Thema Cannabis und Führerschein einmal mehr sachlich und ohne die bei Führerscheinbehörden und Amtsärzten verbreitete Voreingenommenheit gegen Cannabisuser behandelt.
Text von: http://www.legalisieren.at