Kontrollrat beklagt auch zunehmenden Missbrauch von Medikamenten und fehlendes Bewusstsein für die Sucht.
Hamburg/Wien. Allein der Name ist schon perfide. „Day-Rape Drugs“ heißen die durchsichtigen Tropfen, die auf Partys in aller Welt in Ohnmacht enden, wenn man einen Moment lang nicht aufpasst. Vergewaltigungsdroge zu Deutsch. Das Mittel wird häufig ins Getränk gemischt. Vor allem bei jungen Frauen, denen dann schwindelig wird, sie verlieren die Kontrolle über ihren Körper, sind wehrlos und wissen von nichts, wenn sie langsam zu sich kommen. K.-o.-Tropfen sind zurzeit eines der größten Probleme der Drogenszene – nicht Kokain, nicht Haschisch oder Heroin.
Gestern stellten die Vereinten Nationen ihren Drogenbericht in Wien vor. Darin fordert der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) der Uno ein schärferes Vorgehen gegen den pharmazeutischen Wirkstoff. Die Regierungen müssten die Grenzen für Schmuggler und Drogenkuriere besser kontrollieren und bei der Verfolgung der Straftäter auch Maßnahmen wie die Analyse von Urinproben einführen. Auf dem internationalen Drogenmarkt sind K.-o.-Tropfen laut INCB ein neues Phänomen. Doch dieser Markt wachse rapide an. Nicht nur das macht ihn so gefährlich. Das Mittel ist für Kriminelle viel zu leicht erhältlich. Im Kampf gegen die Droge sollen die Behörden auch mit der pharmazeutischen und chemischen Industrie zusammenarbeiten. „Drogenschmuggler bekommen ihre Substanzen über Internet-Apotheken und das Postsystem sowie illegale Herstellung“, heißt es.
Nicht jede Droge ist illegal – Sucht kann verschreibungspflichtig sein. Auch das ist ein Ergebnis des Uno-Berichts. In Deutschland seien 1,4 Millionen bis 1,9 Millionen Menschen abhängig von Medikamenten. In den USA seien es 2008 sogar 6,2 Millionen Menschen gewesen. Der Missbrauch von Arzneien sei in manchen Ländern mehr als doppelt so hoch wie der Konsum von Kokain, Heroin und Designer-Drogen.
Was den Menschen in die Tablettensucht treibt, dazu gibt es bisher kaum Daten. Sicher sei laut Uno nur, dass der Missbrauch auch an einem fehlenden Bewusstsein bei den Opfern für die Sucht vorhanden ist.
So verschieden die Stoffe bei den Süchtigen wirken, so organisiert funktioniert das internationale Geschäft mit der Sucht.
Die Drogenkriminalität bedrohe die Sicherheit und politische Stabilität ganzer Staaten in Asien, Mittelamerika und der Karibik, heißt es in dem Bericht. Das illegale Geschäft führe zu einer steigenden Zahl von Kapitalverbrechen, einer Machtausweitung des organisierten Verbrechens und der Ausbreitung von Korruption. Größter Produzent von Heroin weltweit bleibt Afghanistan. Das Kriegsland am Hindukusch sei ein wichtiger Lieferant von Cannabis. Das Drogenproblem und die Gewalt untergraben laut den Fachleuten der INCB die Bemühungen, stabile staatliche Strukturen in Afghanistan aufzubauen. Und doch gibt es Fortschritte – auch im Epizentrum des Drogenanbaus.
Die Uno begrüßt, dass der Opium-Anbau nach einem Rekord in 2007 in den beiden Jahren danach rückläufig gewesen sei. Für Afrika heißt es im INCB-Bericht, der Kontinent bleibe eine wichtige Durchgangsstation für Kokainschmuggel aus Südamerika nach Europa.
Quelle: abendblatt.de