Mit der Hanfverarbeitung sollen in ehemaliger Schweinezucht Läwitz neue Jobs entstehen
Von Jens Voigt Läwitz. Ein Anblick, der jedes Polizistenherz ins Rasen bringt: Grüne, reihum befiederte Blätterdolden wiegen sich fast mannshoch zwischen Klein- und Langenwolschendorf. Wer jemals einen holländischen „Coffeeshop“ betreten oder mit Spät-Hippies gefeiert hat, kennt die markante Blätterform: Hanf.
Obwohl der Anbau von Nutzhanf, dem harmlosen Bruder von Cannabis, seit 1996 (wieder) erlaubt ist, hängt der Pflanze noch immer ein gewisses Image an. So hartnäckig, dass die Blitze der Fotografen wie von allein loszucken, als Thüringens Landwirtschaftsminister Volker Sklenar (CDU) vor einigen Tagen in der künftigen Verarbeitungsanlage
Wie Sklenar, so steht auch Dr. Albrecht Broßmann außerhalb jeden Verdachts, mit illegalen Drogen zu liebäugeln. Für den Geschäftsführer der Pahren Agrar ist Hanf aus sehr prosaischen Gründen interessant: Hanf hat einen hohen Vorfruchtwert, bereitet den Boden gut auf den Anbau anspruchsvollerer Feldfrüchte vor und lässt Unkraut kaum eine Chance. Auch Schädlings- und Pilzbehandlungen können sehr sparsam erfolgen. Damit ist die Pflanze der ideale Kandidat für sensible Flächen nahe der Trinkwasser-Talsperre.
Dies zum einen. Zum anderen gibt es da die ehemalige Schweinezuchtanlage in Läwitz. 1973 fertiggestellt, wurden hier rund 22 000 Läufer pro Jahr aufgezogen. Seit ihrer Schließung 1995 blieb sie der Pahren Agrar ein Klotz am Bein. Ein Abriss gegen Entschädigung durch das Umweltministerium klappte ebenso wenig wie eine Neubelebung als Hähnchenmast. Erst mit dem Revitalisierungsprogramm des Landes für Altstandorte konnte eine Umnutzung erfolgversprechend in Angriff genommen werden. Unter vielen möglichen Varianten habe man sich schließlich für eine Hanf-Verarbeitung in Läwitz entschieden, resümiert Broßmann. De facto kein Abfall bei der Produktion, minimaler Wassereinsatz und technologische Überschaubarkeit – „das passt hierher“, befanden die Chefs der Pahren Agrar schließlich. Und Hanf haben sie schließlich genug: Seit dem Jahr 2000 gedeiht er auf den Feldern der Pahren Agrar; in diesem Jahr auf 94 Hektar. Bislang werden Samen und Stroh ohne weitere Veredlung verkauft. Obwohl eine Verarbeitung wirtschaftlich attraktiv wäre, schließlich sind Hanf-Fasern derart gefragt, dass sie sogar nach Deutschland importiert werden.
Im vorigen Jahr begannen die Pahrener, aus ihrer Erblast in Läwitz ein neues Unternehmen zu entwickeln. Aus dem alten Bergeraum wurde eine Produktionshalle, sechs alte Schweineställe abgerissen, eine neue Trafostation gebaut. Die „Pflanzenstängel-Aufschlussanlage“ als Kern der künftigen Hanfverarbeitung kommt aus Greiz, war nach Schließung des dortigen Unternehmens Cannatex übrig. Gleichwohl hat die Pahren Agrar bis zu diesem Punkt fast eine Million Euro in das Unternehmen Hanf investiert, was wegen der rapide verfallenen Preise für Getreide und Milch sowie der Skepsis der Banken nun erstmal das Ende der finanziellen Waghalsigkeit bedeutet. Nötig wären noch rund 400 000 Euro schwere Investitionen in Entstaubungstechnik, Verbindungskomponenten und für einen besseren Feinfaser-Aufschluss; mindestens teilweise braucht es dafür Fördermittel durch das Land. Die sind, so ließ es der Landwirtschaftsminister beim Besuch anklingen, eigentlich auch da. Wenn die entsprechende Richtlinie endlich vorliegt; eventuell im September.
Um die künftig vier bis fünf Mitarbeiter in der Verarbeitung das ganze Jahr beschäftigen zu können, wären mindestens 300 Hektar Hanf nötig. Dafür sollen auch benachbarte Betriebe eingespannt werden.
Neben dem schönen Effekt, mit der Hanf-Verarbeitung wieder ein Stückchen unabhängiger von schwankenden Preisen für klassische Produkte wie Getreide zu werden, passt das Vorhaben freilich auch gut in die Bio-Energieregion: Natürlicher Dämmstoff vom Feld nebenan macht die Biogas-Wärme gleich noch gemütlicher.