Die zwei Thurgauer Bauern, die Anfang Jahr als grosse Cannabis-Produzenten entlarvt wurden, sind noch nicht angeklagt. Der Grund: Ein Streit zwischen der Zürcher und Thurgauer Staatsanwaltschaft.
Wenn eine grössere Straftat mehrere Kantone berühre, komme es häufig zu einem Streit um die Zuständigkeit, sagt der Berner Strafrechtsprofessor Hans Vest. Dabei wolle man die zusätzliche Arbeit und die Kosten für den Vollzug (Prozess und Haft) verhindern. Im Fall der Thurgauer Hanfbauern stelle sich die Frage, wie eng diese mit den Zürcher Händlern kooperiert haben. Hätten diese etwa den Anbau mitgeplant, könne man von Mittäterschaft reden. Dann wäre es richtig, wenn Zürich mit dem Fall weitermache. Aber: «Bei Drogendelikten wird vom Gesetz her zwischen Handel und Anbau unterschieden.» So gesehen wäre eher der Thurgau zuständig, da keine Mittäterschaft bestünde. Vest sieht keine grundsätzlichen Probleme, wenn Anklagen durch solche Streite verzögert werden. Das Bundesstrafgericht entscheide in diesen Fällen rasch. (dgr)
Frauenfeld/Zürich – Unerwünschte Post aus Zürich landete kürzlich auf dem Pult der Thurgauer Staatsanwaltschaft – mit der Bitte zur Erledigung. Die Akten betreffen zwei Thurgauer Hanfbauern, die im Januar für grosses Aufsehen gesorgt hatten. Damals waren ihre grossangelegten illegalen Hanfpflanzungen auf dem Seerücken aufgeflogen. Ein Zürcher Händler, der sich vom Angebot der zwei Thurgauer regelmässig bediente, wurde am Montag in Zürich zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, 24 Monate bedingt und 6 Monate unbedingt. Die zwei Thurgauer Hanfproduzenten hingegen wissen immer noch nicht, wo ihr Prozess stattfinden wird: Die Zürcher und Thurgauer Staatsanwaltschaft streiten sich, wer nun für sie zuständig sein soll.
Zu spät für einen Wechsel
Die Zürcher Staatsanwaltschaft übernahm von Anfang an die Verantwortung für den Fall und leitete auch die Untersuchungen dazu. So wurden die zwei Thurgauer in Zürich in Untersuchungshaft genommen und verhört. «Es ist üblich, dass man alle Verdächtigen am gleichen Ort verhört», sagt die Zürcher Staatsanwältin Gabi Alkalay. Mit der Thurgauer Staatsanwaltschaft sei man darüber einig gewesen, den Fall nach Abschluss der Untersuchungen zu übergeben. Entscheidend für die Zuständigkeit sei der Tatort, im Falle der Bauern also der Thurgau. Hier wehrt man sich aber gegen die Übernahme des Falles. Hans-Ruedi Graf, Leitender Staatsanwalt im Thurgau, hat die erhaltenen Unterlagen bereits retourniert.
Die Thurgauer Bauern seien derart eng mit den Händlern aus Zürich verknüpft, dass man von einer Bande reden könne, sagt Graf. In einem solchen Fall wäre weiterhin der Kanton Zürich zuständig. Zudem wirft Graf der Zürcher Staatsanwaltschaft vor, nicht rechtzeitig gehandelt zu haben, um den Fall dem Thurgau abzutreten. «Die Zürcher Staatsanwaltschaft hätte uns nach dem Verhör der Thurgauer kontaktieren sollen.» Staatsanwältin Alkalay weist die Vorwürfe zurück: Man habe nach Abschluss der nötigen Untersuchungen die Thurgauer Staatsanwaltschaft sofort kontaktiert.
Keine Einigung in Sicht
Zürcher und Thurgauer Staatsanwälte beharren auf ihren Positionen. Eine Einigung schätzen beide Parteien als schwierig ein. Alkalay geht davon aus, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft den Fall dem Bundesstrafgericht in Bellinzona weiterleiten wird. Nächste Woche werde man darüber entscheiden. Der Fall der zwei Thurgauer Bauern hatte auch darum für Aufsehen gesorgt, weil die Polizei dank eines Bildes des Internetportals «Google Earth» fast zufällig auf die als Maisfeld getarnte Cannabis-Plantage gestossen war.
Quelle : thurgauerzeitung.ch