Betriebsinspektor Hermann Mauer* (48) sitzt mit zwei weitere Kollegen in seinem Büro in einem Hagener Gewerbegebiet. Sie besprechen den Tagesablauf, trinken dabei Kaffee und reden über den Tag zuvor. Die Beamten tragen die typische Zollkleidung, grüne Hose, grünes T-Shirt und festes Schuhwerk. Unter dem T-Shirt zeichnet sich die schusssichere Weste ab, die zur Uniform gehört. „Mobile Kontrollgruppe Hagen“, kurz MKG Hagen, heißt die Truppe des Hauptzollamtes Dortmund.
„Unser Einsatzgebiet ist überwiegend die A 2, das ist die West-Ost-Achse zwischen den Niederlanden und Osteuropa,“ sagt Mauer. Diese Autobahn ist die kürzeste Verbindung und hier wird so ziemlich alles geschmuggelt, überwiegend Zigaretten, aber auch Drogen oder Autoersatzteile.
Heute ist Mauer mit seinen Kollegen Torsten Nau* (42) und Martina Lohmann* (30) im Einsatz. Wiesemeyer fährt den zolleigenen VW Bus. Lohmann und Nau sind bereits mit dem grün-weißen Passat unterwegs, als Martina Lohmann über Funk einen Aufgriff meldet: „Wir haben einen roten VW-T 4 aus Moldawien mit zwei Männern angehalten. Sie haben 20.000 Euro dabei und im Bus hängen dutzende Duftbäumchen.“
Mauer beschließt, sich den Wagen näher anzuschauen und fährt zurück auf den Zollhof. Die Kollegen sind bereits vor Ort und inspizieren die Ladefläche des Busses. Die Habseligkeiten der beiden Männer haben sie auf dem Hof abgestellt. Leere Flaschen, diverse Plastiktüten mit Bekleidung und eine Reisetasche.
Im Fahrerraum sowie im hinteren Teil des Busses hängen zahlreiche Wunder-Duftbäume. Das erscheint den Beamten verdächtig. „Drogenschmuggel würde die Vielzahl der Duftbäume erklären“, sagt Martina Lohmann. Cannabisgeruch könnte so überdeckt werden. Die beiden Männer stehen abseits – rauchend, als wären sie Unbeteiligte. „Wir haben 20.000 Euro Bargeld gefunden“, sagt Nau, “ angeblich sind sie auf dem Weg nach Beckum, um dort ein Auto zu kaufen.“ Konzentriert durchsuchen Bauer und ein weiterer Zollbeamter den Innenraum, sie finden diverse Fahrzeugbriefe und Kaufangebote aus dem Internet. „Es schaut aus, als würden die Männer tatsächlich mit Autos handeln“, gibt Mauer zu bedenken. Doch so ganz trauen die erfahrenen Beamten den Angaben der Moldawier nicht.
„Wischtest“ ist an der Tagesordnung
Der zolleigene VW-Bus dient als mobiles Büro, mittels Laptop überprüft Mauer die Personendaten und stellt fest, dass der jüngere wegen Hehlerei vorbestraft ist. Das schürt die Skepsis. „Wir machen einen Wischtest“, beschließt Mauer, einen Schnelltest zum Nachweis von Drogen in Schweiß und Speichel. Der Test wird über die Stirn des Verdächtigen gezogen und in eine Flüssigkeit getaucht. Missbrauch von Cannabis, Kokain oder Amphetaminen kann damit nachgewiesen werden. Gebannt warten Nau und Mauer auf das Testergebnis.
Nach wenigen Minuten erscheint ein roter Streifen, der zeigt, dass der Mann zumindest mit Amphetaminen in Berührung gekommen ist. Torsten Nau zeigt dem Mann das Testergebnis, der streitet ab, Drogen genommen zu haben.
„Einmal spucken“, fordert Nau den Moldawier auf. Der versucht auf den Boden zu spucken. Es gelingt ihm nicht, lediglich ein paar versprengte Speichelreste kann er hervorbringen – ein Hinweis auf die Einnahme von Drogen. Zur Sicherheit wird ein weiterer Wischtest über die Zunge durchgeführt, der bleibt negativ. „Wenn Substanzen nur noch im Schweiß nachgewiesen werden können, ist der Konsum schon länger her“ erklärt Nau. Mehr Aufschluss kann nur ein Bluttest geben.
Hund „Sammy“ sucht nach Drogen
Den Bus klopft Martina Lohmann mit einem weiteren Beamten nach Hohlräumen ab, sie klappen die Sitze hoch und schrauben an der Innenverkleidung. Die Suche bleibt erfolglos.
Um Sicherheit zu bekommen, fordert Mauer Drogenhund „Sammy“ an, der kurz darauf eintrifft. Er läuft aufgeregt um das Auto herum, springt nach Anweisung der Hundeführerin erst auf den Rücksitz und dann auf die Ladefläche. „Versteckte Drogen würde er erschnüffeln und dann an der Fundstelle kratzen“, sagt Lohmann. Aber Sammy kratzt nicht. Offenbar wurden in dem Bus keine Drogen transportiert. Die Männer dürfen ihre Fahrt fortsetzen.
In den letzten Jahren habe sich die Art und Weise des Schmuggelns verändert, sagt Mauer: „Der Zigarettenschmuggel ist vielfach organisiert und wird zu 40 % übers Ruhrgebiet abgewickelt. Die A 2 ist nun einmal die kürzeste Strecke in Richtung Osteuropa.“
Hermann Mauer ist seit 1980 beim Zoll. Er hat eine Ausbildung für den mittleren Dienst absolviert und bis Ende 1988 an der Deutsch-Niederländischen Grenze kontrolliert. Nach dem Wegfall der Grenzen war er acht Jahre lang in der Zwangsvollstreckung tätig. Seit 1996 gibt es die Mobile Kontrollgruppe, seitdem ist Mauer dabei, er hat die Truppe mit aufgebaut.
Zurück auf der Autobahn winkt Mauer einen polnischen LKW heraus. Mit einem „Bitte-folgen“- Hinweis weist er dem Fahrer den Weg zum nächsten Rastplatz.
Die Frachtpapiere weisen Holzpavillons aus, die nach Frankreich geliefert werden sollen. Der Fahrer öffnet die Plane und der Blick ins Innere zeigt sauber gestapelte Pakete. Der Zöllner leuchtet mit der Taschenlampe zwischen die Ladung, kann aber nichts auffälliges entdecken und der LKW darf weiterfahren.
„Jing Ling“ ist Schmuggelware
Kurz vor Feierabend dann doch noch ein kleiner Erfolg. Ein weißer Fiat Punto wird herausgezogen. Der Fahrer ist Italiener, bei ihm findet Mauer drei Schachteln „Jin Ling“- Zigaretten. „Diese Marke wird in Russland für den Schwarzhandel hergestellt“, weiß Mauer. Die fehlenden Steuermarken beweisen das. Angeblich hat der Mann die Zigaretten von einem Freund bekommen. Diese Aussage schützt ihn vor einer Strafe wegen Steuerhinterziehung. Theatralisch wirft der 42-jährige die Zigaretten in den Müll und beteuert seine Unkenntnis. Die Beamten finden keine weiteren Schachteln und beschließen, einen Wischtest über Zunge und Hände zu machen. Beide Ergebnisse sind positiv.
Die „Kontrolleinheit Verkehrswege“ des Hauptzollamtes Dortmund, befindet sich in Hagen. Seit dem 1. Januar 1993 sind die Warenkontrollen des Zolls an den Grenzen der EU-Mitgliedsstaaten abgeschafft.
Die Kontrollrechte des Zolls gelten auch im Inland und die Kontrolleinheit übt dieses Recht aus. Die Verfolgung von Schmugglern auf der Autobahn ist Alltag für die insgesamt 15 Beamten der Kontrolleinheit Verkehrswege.
Im Jahr 2008 kontrollierten die Beamten 8.115 Personen und Objekte. Es wurden 314 Strafverfahren eingeleitet und 33 Täter festgenommen. Mehr als 164 KG Drogen wurden sichergestellt. Der größte Aufgriff war ein Kokainfund von 1,3 KG auf der A 2.
Auch in diesem Jahr gab es bereits erfolgreiche Aufgriffe: 160.000 Zigaretten und 20.000 Ecstasy Pillen konnten sichergestellt werden
Der Mann streitet ab, Drogen genommen zu haben, doch der Test straft ihn Lügen. Die Unschuldsbeteuerungen nutzen ihm nichts, Mauer kassiert den Ausweis und ruft die Polizei. „Das ist jetzt Sache der Streife, die entscheiden, ob ein Bluttest gemacht wird.“ Die Papiere werden übergeben und die Arbeit des Zolls ist an dieser Stelle erledigt.
Zehn Stunden Fahrt pro Schicht
Zehn Stunden dauert eine Schicht der Zollbeamten, in dieser Zeit werden dreihundert bis fünfhundert Kilometer gefahren. Das Ergebnis diesen Tages: Zehn Kontrollen, ein paar Schachteln geschmuggelter Zigaretten, ein bisschen Drogenkonsum hier und da und jede Menge Vorstrafen. Ein eher ruhiger Tag für die Mobile Kontrollgruppe geht zu Ende.
Kein echter Aufgriff, aber enttäuscht ist Mauer dennoch nicht. „Um ein Erfolgserlebnis zu haben, muss man eben zur rechten Zeit am rechten Ort sein,“ sagt der Hagener. „Irgendwann sieht man sich auf der A 2 wieder,“ schmunzelt er.