Das Landgericht Kempten (Bayern) hat heute den 51jährigen Lindauer B. wegen Handels mit Hanfprodukten zu 5 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt. Er war geständig, weigerte sich jedoch, gegen andere auszusagen.
B. war Ende Juli verhaftet worden, nachdem zuvor seine Wohnung monatelang observiert und in den letzten Wochen sogar mittels einer in der Treppenhausbeleuchtung installierten Kamera überwacht worden war. Bei der Hausdurchsuchung wurde fast ein Kilo Hanfprodukte mit durchschnittlich 11% THC-Gehalt gefunden. Aus diesem Anlaß hatte es in Lindau eine Demo gegen Hanfrepression gegeben. Da (wie B. auch heute wieder ausgesagt hat) rund 200 Personen, also ca. 1% der Lindauer Bevölkerung, zu seinen KundInnen gehörten, folgte eine gigantische Repressionswelle ( http://de.indymedia.org/2007/08/192605.shtml). Zwar sagte B. nur gegen sich selbst aus, aber die Überwachung hatte natürlich einiges an Material zutage gefördert. So gab es noch bis in den Oktober Hausdurchsuchungen im Wochentakt, bei denen aber nicht viel gefunden wurde.
Thomas Röhl, einer der beteiligten Lindauer Polizisten, sagte aus, daß B. zwar umfangreiche Geständnisse abgelegt habe, daß die Polizei dadurch aber keiner/m einzigen seiner KundInnen auf die Schliche gekommen sei. Durch die Überwachung seien rund 80 Personen erfaßt worden, von denen 58 identifiziert worden seien. B. erkannte jedoch niemanden auf den Fotos. Auch über seinen Lieferanten habe er nichts ausgesagt. Dazu wurde er im Lauf des heutigen Tages ungefähr zehnmal aufgefordert, mal mit dem Versprechen eines Strafrabatts, mal mit der Drohung, sobald das Urteil rechtskräftig sei, müsse er sowieso vor der Staatsanwaltschaft aussagen, sonst gebe es Beugehaft und eine Anzeige wegen Strafvereitelung.
Staatsanwältin Klokocka glänzte durch besonderen Belastungseifer: So brüllte sie B. an, er wolle Jugendliche haschischabhängig machen, und versuchte dann noch, die für das Strafmaß entscheidende THC-Menge hochzutreiben, indem sie die von B. angegebene „gute Qualität“ seiner Ware in einen THC-Gehalt von absolut utopischen 50% zu übersetzen versuchte (schlechtes Straßengras hat ca. 6%, die besten Proben bei B. ergaben gut 15%, was schon sehr anständig ist; ein paar Schweizer Hammerzüchtungen kommen vielleicht auf 19%).
Konkret vorgeworfen wurde B. der Handel mit ca. fünf Kilo Marihuana und Haschisch im Lauf von 14 Monaten, aufgeteilt auf rund 2100 Portionen, mit einem Gewinn von ca. einem Euro pro Gramm, was für den Eigenkonsum und gelegentlich ein geringes Taschengeld gereicht habe. Der Vorwurf, Marihuana gewerbsmäßig an Minderjährige weitergegeben zu haben, wurde immerhin entkräftet. Staatsanwältin Klokocka senkte daraufhin ihren Strafantrag von acht auf sechs Jahre. Der Richter gab ihm davon noch fünfeinhalb. Als mildernde Umstände führte er neben B.s umfassendem Geständnis auch an, daß er sich offensichtlich nicht bereichert habe, sondern nicht viel mehr als seinen Eigenkonsum damit finanziert habe, daß er ausschließlich Haschisch und Marihuana, aber keine härteren Sachen verkauft habe, daß er niemanden zum Rauchen verführt habe, sondern nur an Leute verkauft habe, die bereits KonsumentInnen waren – und sogar, daß bei ihm das Preis-Leistungs-Verhältnis OK gewesen sei und er die Ware nicht gestreckt, sondern im Gegenteil auf ihre Reinheit geachtet und niemanden betrogen habe.
Angesichts der Fülle der mildernden Umstände überraschte das Urteil, bzw. man fragt sich, ob das Strafmaß eigentlich noch bis Rädern und Vierteilen gereicht hätte, wenn 5 1/2 Jahre „milde“ sein sollen. Pro Kilo mehr als ein Jahr Knast! Für das gleiche Strafmaß darf man seine Frau erschlagen oder ein paar Kinder vergewaltigen. Und ohne B.s umfassendes Geständnis hätten sie ihn vermutlich höchstens zu einer Bewährungsstrafe verurteilen können, denn nur der kleinste Teil des Handels wäre tatsächlich beweisbar gewesen. B. wollte allerdings zu seinen Taten stehen, weil Ehrlichkeit zu seinen Prinzipien gehört und er davon auch gegenüber der Staatsmacht keine Ausnahme machen wollte – ebenso, wie er bis zuletzt keineN seiner ehrlichen GeschäftspartnerInnen hingehängt hat; insbesondere für den Namen seines Lieferanten wäre der Richter mit der Strafe sogar auf vier Jahre heruntergegangen. Da B. nicht vorbestraft ist, könnte er nach der Hälfte der Haftzeit (das wären dann ab jetzt noch gut zwei Jahre) auf Bewährung freikommen. Ob er in Revision geht, hat er noch nicht entschieden.
Das Problem ist allerdings nicht das Gericht, sondern die Rechtslage. B.s offene Geständnisse erfüllen eine Reihe von Straftatbeständen, die jeder für sich eine Mindeststrafe von über einem Jahr nach sich ziehen (Besitz, Erwerb, Weitergabe, Verkauf… von jeweils nicht geringen Mengen). Wenn das Gericht nicht den Untersuchungszeitraum auf die letzten 14 Monate vor der Verhaftung beschränkt und zuletzt noch die Mengen, THC-Gehalte und beteiligten Personen in für B. günstiger Weise auf die verschiedenen Einzeltaten verteilt hätte, hätte noch ganz was anderes herauskommen können. Die Strafmaße sind offensichtlich gemäß der Erfahrung festgelegt worden, daß die Taten für gewöhnlich schwer nachzuweisen sind, so daß schon für wenige Einzeltaten relativ hohe Strafen möglich sind. Durch seine freimütigen Geständnisse hat hier aber ein kleiner Dealer ein absurd hohes Strafmaß auf sich gezogen, das niemand wollen kann. Zumal er ja niemandem etwas getan hat. Doppelt widersinnig erscheint diese Strafe, wenn man gleichzeitig beobachtet, wie außerhalb Bayerns mit diesem Thema umgegangen wird, z. B. – in Sichtweite von B.s ehemaliger Wohnung – in der Schweiz, wo der Gebrauch von Hanfprodukten schon weitgehend liberalisiert ist und demnächst sogar eine Volksabstimmung über die völlige Legalisierung von Cannabis stattfindet.
Thomas Röhl, einer der beteiligten Lindauer Polizisten, sagte aus, daß B. zwar umfangreiche Geständnisse abgelegt habe, daß die Polizei dadurch aber keiner/m einzigen seiner KundInnen auf die Schliche gekommen sei. Durch die Überwachung seien rund 80 Personen erfaßt worden, von denen 58 identifiziert worden seien. B. erkannte jedoch niemanden auf den Fotos. Auch über seinen Lieferanten habe er nichts ausgesagt. Dazu wurde er im Lauf des heutigen Tages ungefähr zehnmal aufgefordert, mal mit dem Versprechen eines Strafrabatts, mal mit der Drohung, sobald das Urteil rechtskräftig sei, müsse er sowieso vor der Staatsanwaltschaft aussagen, sonst gebe es Beugehaft und eine Anzeige wegen Strafvereitelung.
Staatsanwältin Klokocka glänzte durch besonderen Belastungseifer: So brüllte sie B. an, er wolle Jugendliche haschischabhängig machen, und versuchte dann noch, die für das Strafmaß entscheidende THC-Menge hochzutreiben, indem sie die von B. angegebene „gute Qualität“ seiner Ware in einen THC-Gehalt von absolut utopischen 50% zu übersetzen versuchte (schlechtes Straßengras hat ca. 6%, die besten Proben bei B. ergaben gut 15%, was schon sehr anständig ist; ein paar Schweizer Hammerzüchtungen kommen vielleicht auf 19%).
Konkret vorgeworfen wurde B. der Handel mit ca. fünf Kilo Marihuana und Haschisch im Lauf von 14 Monaten, aufgeteilt auf rund 2100 Portionen, mit einem Gewinn von ca. einem Euro pro Gramm, was für den Eigenkonsum und gelegentlich ein geringes Taschengeld gereicht habe. Der Vorwurf, Marihuana gewerbsmäßig an Minderjährige weitergegeben zu haben, wurde immerhin entkräftet. Staatsanwältin Klokocka senkte daraufhin ihren Strafantrag von acht auf sechs Jahre. Der Richter gab ihm davon noch fünfeinhalb. Als mildernde Umstände führte er neben B.s umfassendem Geständnis auch an, daß er sich offensichtlich nicht bereichert habe, sondern nicht viel mehr als seinen Eigenkonsum damit finanziert habe, daß er ausschließlich Haschisch und Marihuana, aber keine härteren Sachen verkauft habe, daß er niemanden zum Rauchen verführt habe, sondern nur an Leute verkauft habe, die bereits KonsumentInnen waren – und sogar, daß bei ihm das Preis-Leistungs-Verhältnis OK gewesen sei und er die Ware nicht gestreckt, sondern im Gegenteil auf ihre Reinheit geachtet und niemanden betrogen habe.
Angesichts der Fülle der mildernden Umstände überraschte das Urteil, bzw. man fragt sich, ob das Strafmaß eigentlich noch bis Rädern und Vierteilen gereicht hätte, wenn 5 1/2 Jahre „milde“ sein sollen. Pro Kilo mehr als ein Jahr Knast! Für das gleiche Strafmaß darf man seine Frau erschlagen oder ein paar Kinder vergewaltigen. Und ohne B.s umfassendes Geständnis hätten sie ihn vermutlich höchstens zu einer Bewährungsstrafe verurteilen können, denn nur der kleinste Teil des Handels wäre tatsächlich beweisbar gewesen. B. wollte allerdings zu seinen Taten stehen, weil Ehrlichkeit zu seinen Prinzipien gehört und er davon auch gegenüber der Staatsmacht keine Ausnahme machen wollte – ebenso, wie er bis zuletzt keineN seiner ehrlichen GeschäftspartnerInnen hingehängt hat; insbesondere für den Namen seines Lieferanten wäre der Richter mit der Strafe sogar auf vier Jahre heruntergegangen. Da B. nicht vorbestraft ist, könnte er nach der Hälfte der Haftzeit (das wären dann ab jetzt noch gut zwei Jahre) auf Bewährung freikommen. Ob er in Revision geht, hat er noch nicht entschieden.
Das Problem ist allerdings nicht das Gericht, sondern die Rechtslage. B.s offene Geständnisse erfüllen eine Reihe von Straftatbeständen, die jeder für sich eine Mindeststrafe von über einem Jahr nach sich ziehen (Besitz, Erwerb, Weitergabe, Verkauf… von jeweils nicht geringen Mengen). Wenn das Gericht nicht den Untersuchungszeitraum auf die letzten 14 Monate vor der Verhaftung beschränkt und zuletzt noch die Mengen, THC-Gehalte und beteiligten Personen in für B. günstiger Weise auf die verschiedenen Einzeltaten verteilt hätte, hätte noch ganz was anderes herauskommen können. Die Strafmaße sind offensichtlich gemäß der Erfahrung festgelegt worden, daß die Taten für gewöhnlich schwer nachzuweisen sind, so daß schon für wenige Einzeltaten relativ hohe Strafen möglich sind. Durch seine freimütigen Geständnisse hat hier aber ein kleiner Dealer ein absurd hohes Strafmaß auf sich gezogen, das niemand wollen kann. Zumal er ja niemandem etwas getan hat. Doppelt widersinnig erscheint diese Strafe, wenn man gleichzeitig beobachtet, wie außerhalb Bayerns mit diesem Thema umgegangen wird, z. B. – in Sichtweite von B.s ehemaliger Wohnung – in der Schweiz, wo der Gebrauch von Hanfprodukten schon weitgehend liberalisiert ist und demnächst sogar eine Volksabstimmung über die völlige Legalisierung von Cannabis stattfindet.