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Immer weniger Cannabis wird nach Deutschland importiert, weil immer mehr hierzulande angebaut wird. In Berlin haben vor allem Kleinstplantagen im Hinterhof oder auf dem Balkon zugenommen.

Eigentlich eine gute Nachricht: Cannabis wird nicht mehr so häufig nach Europa geschmuggelt wie früher. Das ist auch nicht nötig. Denn zunehmend ist Cannabis „made in Germany“. Auch in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien und Belgien nehme der Anbau zu, heißt es in einer gerade in Berlin veröffentlichten Studie des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB). Gleichzeitig sinke die Produktion in nordafrikanischen Ländern wie Marokko, die früher für den Großteil des Drogenschmuggels verantwortlich gemacht wurden.

Es gebe die Tendenz, dass „immer mehr Leute selbst anbauen“, erklärt die INCB-Expertin Beate Hammond. Aber vor allem der Anbau in großem Stil nehme zu. Strengere Grenzkontrollen machten es zusehends attraktiver im eigenen Land anzupflanzen.

Jüngstes Beispiel: Im niederrheinischen Emmerich entdeckte die Polizei am Dienstag eine perfekt getarnte unterirdische Cannabisplantage. Die Razzia in einem ehemaligen Speditionsgebäude blieb zunächst erfolglos – bis ein Drogenspürhund seine feine Nase bewies und anschlug. Als die Ermittler einen Teppich zur Seite rollten, entdeckten sie eine Holzluke, die in einen Keller führte. Dort fanden sie eine professionell installierte Anlage für die Aufzucht von Cannabispflanzen. Neben 300 frischen Setzlingen von 15 Zentimetern Größe beschlagnahmte die Polizei auch 15 Kilogramm verkaufsfertiges Marihuana mit einem Wert von mehr als 100 000 Euro. Wärmelampen und eine leistungsstarken Belüftungsanlage ermöglichten ein „optimales Gedeihen der Pflanzen“, teilte die Polizei mit. Der 35-jährige Besitzer wurde festgenommen, als er erschien, um seine Pflanzen zu gießen.

In Nordrhein-Westfalen kennt man das Problem besonders gut. Allein 2007 nahm die Polizei dort 44 größere Plantagen hoch, elf davon waren so genannte Profiplantagen – das heißt mit über tausend Pflanzen. Viele der Betreiber solcher Großanlagen kommen aus den Niederlanden, sagt Susanna Deeken-Heusgen, Sprecherin des Landeskriminalamtes in Düsseldorf. Da die niederländischen Behörden ihre Kontrollen im Inland verstärkt hätten, wichen immer mehr Niederländer nach Deutschland aus. Geeignete Hallen würden über deutsche Strohmänner angemietet. Früher sei das geerntete Rauschgift fast komplett zumVerkauf in den Niederlande bestimmt gewesen. Inzwischen lande das Rauschgift auch vermehrt auf dem deutschen Markt. Cannabis ist nach Angaben von INCB-Expertin Beate Hammond die am häufigsten konsumierte Droge.

Aber auch der Anbau für den Eigenbedarf erfreut sich zunehmender Beliebtheit. In Berlin haben vor allem Kleinstplantagen im Hinterhof oder auf dem Balkon zugenommen. „Für das vergangene Jahr haben wir eine deutliche Steigerung festgestellt“, sagt Rüdiger Engler, Leiter des Rauschgiftdezernats im Landeskriminalamt Berlin. Der Trend zum Eigenanbau sei auch durch die Angst vor verunreinigtem Marihuana verstärkt worden. Einige Dealer hatten in der Umgebung von Leipzig in der Vergangenheit Cannabisprodukte mit Blei versetzt, um das Gewicht zu erhöhen.

Das professionell gezüchtete und angebaute Cannabis birgt noch eine weitere Gefahr. Oft weist es eine bis zu viermal höhere Konzentration des Wirkstoffs THC auf als herkömmliche Pflanzen, sagt Deeken-Heusgen, Sprecherin des Landeskriminalamtes in Düsseldorf. Der Konsum sei daher viel gefährlicher. „Das ist mit dem Joint von früher nicht zu vergleichen“, sagt Deeken-Heusgen.

Daneben bringt die Professionalität der Cannabis-Pflanzer aber auch noch eine Gefahr ganz anderer Natur mit sich. Für die Aufzucht der Pflanzen verwenden die Betreiber der Gewächshäuser Wärmelampen mit extrem hohem Energieverbrauch. Um durch die teure Stromrechnung nicht aufzufallen, zapfen sie häufig illegal das Stromnetz an. Schlechte Verkabelungen führen so immer wieder zu Bränden. Aus diesem Grund ist es gerade die Feuerwehr, die bei ihren Einsätzen viele der illegalen Pflanzungen entdeckt.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 06.03.2008)

Quelle

 

Von cannabinus

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