Bei deaktiviertem CB1 werden verstärkt Darmpolypen gebildet
New York – Der Cannabinoid-Rezeptor CB1 schützt maßgeblich vor der Entstehung von Darmkrebs: US-Krebsforscher der Universität von Texas in Houston entdeckten, dass der Rezeptor, der auf der Oberfläche von Zellen sitzt, bei den meisten Darmtumoren weitgehend inaktiv ist. Deaktivierten sie CB1 bei Mäusen, so entwickelten die Tiere mehr und größere Darmpolypen, die Vorform von Tumoren. Die Aktivierung des Rezeptors hemmte dagegen das Entstehen der Polypen. Damit könnte CB1 ein wichtiges Ziel zur Prävention und Therapie von Darmkrebs darstellen.
Der Rezeptor CB1, an den neben körpereigenen Cannabinoiden auch der berauschende Hanf-Wirkstoff THC bindet, spielt für viele Körperprozesse eine Rolle: Er beeinflusst unter anderem die Stimmung, das Schmerzempfinden oder den Appetit. Eine Beeinträchtigung von CB1 wird mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter Huntington, Alzheimer oder Multiple Sklerose.
Schutz für den Darm
Schon frühere Studien hatten ergeben, dass körpereigene Cannabinoide den Darm vor Entzündungen schützen, und damit vermutlich auch das Tumorrisiko senken. Die Krebsforscher um Raymond DuBois entdeckten nun, dass CB1 in 18 von 19 Tumorgewebe-Proben und in neun von zehn Darmkrebs-Zelllinien weitgehend ausgeschaltet war. Dabei war das für CB1 verantwortliche Gen zwar intakt, aber durch Anlagerung einer Methylgruppe deaktiviert. Entfernten die Forscher diese Methylgruppen, so wurde CB1 in vielen Zelllinien wieder voll funktionsfähig.
Was dies im lebenden Organismus bedeutet, erforschten die Wissenschafter an genetisch veränderten Mäusen, die verstärkt Darmpolypen bilden: Schalteten sie bei den Tieren das CB1-Gen aus, so stieg die Polypenbildung um ein Vielfaches. Aktivierten sie dagegen den Rezeptor, so nahmen die Polypen ab.
Einfluss auf Proteinaktivität
Offenbar sorgt CB1 dafür, dass Tumorzellen im Rahmen des programmierten Zelltods planmäßig absterben. Bei inaktivem Rezeptor leben die Zellen dagegen weiter. Dies liegt offenbar daran, dass CB1 die Aktivität des Proteins Survivin drosselt, das in den meisten Tumoren vorhanden ist.
„Wir haben entdeckt, dass die CB1-Expression in den meisten Darmtumoren verloren ist und dass dann ein Krebs-förderndes Protein den Zelltod verhindern kann“, sagt DuBois. Aus ihren Studien folgern die Forscher im Fachblatt „Cancer Research“, dass bei Darmkrebs zunächst der CB1-Rezptor aktiviert werden muss, etwa durch Entfernen der Methylgruppe. Erst dann könnten Cannabinoide wirksam sein.
Vorsichtsmaßnahme
Der andere Cannabinoid-Rezeptor, CB2, spielt offenbar für das Tumorgeschehen keine Rolle. Die Schutzfunktion von CB1 veranlasst die Forscher allerdings zu einer Mahnung: Denn in der EU ist ein CB1-Hemmer als Medikament zugelassen. Der Wirkstoff Rimonabant soll den Appetit drosseln und damit Menschen beim Abnehmen helfen. Die Forscher raten Ärzten, vor dem Einsatz des Mittels das Darmkrebsrisiko ihrer Patienten zu prüfen. (APA/AP)