Es ist unbekannt, wie die Menschen erstmals den Nutzen des Hanfs entdeckten, doch drei Bestandteile der Pflanze kommen dafür in Frage: jemand kostete die Samen und fand sie wohlschmeckend; ein halb verrotteter Hanfstengel lag des Weges und seine Fasern ergaben die reißfestese Seile und Netze oder trockene Hanfpflanzen wurden zum Feuermachen benutzt und der THC-haltige Rauch der Blüten entfaltete seine psychoaktive Wirkung. Während die Blütenstände mit den Samen als Früchte einfach sehr einfach geerntet werden können – die Samen werden aus dem getrockneten Hanfstroh auf herkömmliche Weise ausgedroschen und danach getrocknet – erfordert die Gewinnung der Faser mehrere Arbeitsschritte. Der Hanfstengel enthält neben seinem holzigen Anteil, den sogenannten Schäben, zwischen 20% und 30% Fasern, die ihn von außen umschließen. Durch das Trocknen und Rösten auf dem Feld löst sich ein Großteil des Pflanzenleims, der Fasern und Holz zusammenhält, was dann eine mechanische Trennung der Fasern ermöglicht. Um den witterungsabhängigen Röste-Prozeß auf dem Feld zu umgehen oder abzukürzen wurde die angetrockneten Hanfbüschel schon seit dem Mittelalter auch einige Tage in Flüssen oder eigens angelegten Becken gewässert – um dann, nach erneutem Trocknen, der sogenannten Breche zugeführt zu werden. Was heute große Brechmaschinen mit Walzwerken erledigen, wurde in vorindsutrieller Zeit mit einer hölzeren Hanfbreche in Handarbeit getan: die Stengel wurden so oft geknickt, bis die hölzernen Schäben herausrieselten. Nach dem Brechen erfolgt ein zweiter Arbeitsgang, das Schwingen, bei dem die Fasern von Holzresten befreit und je nach Verwendungszweck weiter gereinigt und verfeinert wird. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden die Prozesse der Hanfernte und Fasergewinnung schrittweise mechanisiert – überall in Europa entstanden Hanffabriken, die den Hanfbauern ihr gestrocknetes Stroh abnahmen und die Weiterverarbeitung übernahmen. Dabei lieferte die in großen Mengen anfallenden Holzteile der Pflanze in der Regel die Energie für die Dampfmaschinen, sodass sich auch hier ein geschlossener Kreislauf ergab. Außer als Energiespender dienen die Hanf-Schäben wegen ihres hohen Zellulosegehalts auch als Papierrohstoff, sowie als Tiereinstreu und als Lieferant von Spanplatten und Dämmstoffen – so findet auch das scheinbar wertloseste Produkt der Pflanze eine vielfältige Verwendung. Die Fasern bilden, je nach Feinheitsgrad und Länge, den Ausgangsstoff für eine Vielfalt von Produkten – am wertvollsten sind die gehechelten und ausgekämmten Langfasern, aus denen Tuche und Leinwandstoffe entstehen, sowie die reisfeßtesten Garne und Seile. Wie Versuche in neuerer Zeit gezeigt haben ist Hanf, was die Zugfestigkeit betrifft, sogar der Glasfaser überlegen, was ihn als Armierung für Beton und Bauteile geeignet macht. Die kürzeren Fasern werden ebenfalls zu Garnen versponnen oder sie dienen als Rohstoff für Dämm- und Isoliermatten.
Autoteil aus Hanffasern. Zu Beginn des 20 .Jahrhunderts war die Fasergewinnung aus Hanf technologisch ins Hintertreffen geraten – dank einfacherer Technik und Sklavenarbeit hatte Import-Baumwolle Hanf und Flachs als Textilfasern Nr. 1 in Europa abgelöst; aus den erorberten kamen drängten zudem billige exotische Fasern wie Sisal oder Jute auf die angestammten Märkte für technische Hanffasern. Es dauerte bis Anfang der 30er Jahre bis diese technische Lücke geschlossen war; 1938 erschien in der amerikanischen Zeitschrift „Popular Mechanics“ der eine „Neue Milliarden Dollar Ernte“ versprach, denn endlich „hatte man eine Maschine erfunden, die ein 6000 Jahre altes Problem löst… sodass mit geringem Arbeitsaufwand Hanffasern zur Verwertung verfügbar gemacht werden können.“ Doch der Artikel kam zu spät – wenige Monat vorher hatte eine Koalition aus Regierungsbeamten, Chemie-und Papierindustrie und Polizei den „Marihuana Tax Act“ durch den Kongreß gebracht, der den Hanfanbau ab 1938 in den USA – und nach dem 2. Weltkrieg auch in der westlichen Welt – nahezu zum Erliegen brachte. Das Zeitalter der Cannabis-Prohibition war angebrochen und verhinderte in den kommenden sechs Jahrzehnten den Anschluß der Nutzpflanze Hanf an das Industriezeitalter. Erst die Wiederentdeckung des Hanfs als nachwachsender Rohstoff in den 90er Jahren machte dieser „tabula rasa“ in Forschung und Technik ein Ende. Quelle hempage.de