Hanf aus den Tiroler Alpen: So lautet der Slogan eines neuen Unternehmens aus Baumkirchen, das seit wenigen Tagen im Internet den Versand von Hanfstecklingen anbietet. Das Angebot umfasst auch einen Taxi-Dienst, der die Pflanzen wöchentlich ausliefert. Und das „legal“, erklärt die Innsbrucker Anwältin Eva Kathrein, die Medical Clones vertritt: „Die Firma distanziert sich ganz klar von der Gewinnung von Suchtmitteln. Im Gegensatz zu den Growshops werden auch keine Aufzuchtgerätschaften wie Lampen etc. verkauft.“
So weit, so gut. Recherchen der TT haben dennoch für eine gewisse Aufregung gesorgt. Schließlich handelt es sich bei der Geschäftsführerin von Medical Clones um eine ehemals hochrangige freiheitliche Funktionärin. „Ich habe meine Funktion beim Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) aber wohlweislich ruhend gestellt“, sagt sie kurz angebunden. Obwohl das eine nichts mit dem anderen zu tun habe.
Der freiheitlichen Jugend dürfte die Sache aber sehr unangenehm sein. Wie Screenshots zeigen, wurde in den vergangenen zwei Wochen die RFJ-Homepage so „aktualisiert“, dass sich kein Hinweis auf ihr ehemaliges Präsidiumsmitglied mehr findet. Selbst aus der seinerzeitigen Mitteilung vom November 2014 über das neue RFJ-Präsidium hat man die heutige Medical-Clones-Geschäftsführerin nachträglich gestrichen.
Medical Clones mag zwar in Tirol eine Marktlücke füllen, österreichweit ist der Verkauf von Hanfsetzlingen aber längst ein lohnendes Geschäft. Als Pionier gilt ein Wiener, der während seines Jus-Studiums feststellte, dass die Aufzucht von Hanfpflanzen in Österreich grundsätzlich nicht verboten ist. Bereits 2004 gründete er in Niederösterreich einen Kleinbetrieb, der mittlerweile auf 30 Mitarbeiter angewachsen ist. Der Trick des Geschäftsmodells: Die Züchter müssen darauf achten, dass die Pflanzen nicht den Wirkstoff THC enthalten, der aus legalem Hanf illegales Marihuana macht. Und das ist sehr einfach zu bewerkstelligen, da nur die weiblichen Pflanzen bei der Blüte den verbotenen Wirkstoff ausbilden. Wer die Blüte durch intensive Lichteinstrahlung verhindert bzw. die Setzlinge noch vorher verkauft, ist aus dem Schneider. Diesem Umstand trägt auch die Tiroler Firma Medical Clones Rechnung: „Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Pflanzen … durch Licht für 18 Stunden täglich am Blühen gehindert werden müssen, damit sichergestellt ist, dass die Pflanzen kein THC ausbilden“, heißt’s auf der Homepage des Unternehmens: „Mit dem Kauf akzeptieren Sie die besonderen Pflegebedürfnisse der Pflanze.“
Medical Clones dürfte aber bewusst sein, wie sensibel das Geschäftsmodell ist. Wurde Anfang der Woche noch betont, dass man ein Stecklingstaxi anbiete, „das diskret, verlässlich und preiswert einmal wöchentlich die Stecklinge ausliefert“, so wurde nach den TT-Recherchen „diskret“ gestrichen. Warum hätte es eigentlich Diskretion gebraucht?
Schließlich hielt die Distanzierung vom Marihuana die Behörden bisher nicht von der Verfolgung der Züchter ab. Immer wieder führte die Polizei bei österreichischen Hanfbauern im Auftrag der Gerichte Hausdurchsuchungen durch. So auch im Herbst 2014 in einer Gärtnerei in Wiener Neustadt – 4000 Setzlinge wurden damals beschlagnahmt. Auch der Wiener Branchenpionier wurde von der Exekutive angezeigt – „wegen des Anbaus und Verkaufs von THC-hältigen Cannabispflanzen zum Zweck der Suchtgiftgewinnung“. Beide Fälle landeten vor dem Oberlandesgericht in Wien. Und das entschied im Dezember 2014, dass die Beschlagnahme der Pflanzen rechtswidrig war. Dem Gesetz sei ein generelles Anbauverbot von Cannabispflanzen, mag es sich auch um THC-haltige Sorten handeln, nicht zu entnehmen.
Für viele Züchter ein richtungsweisender Entschluss. Anwältin Eva Kathrein relativiert allerdings: „Die Entscheidung eines Oberlandesgerichts ist nicht mit einer des Obersten Gerichtshof gleichzusetzen.“
Abseits der rechtlichen Diskussion ist anzunehmen, dass der Großteil der unscheinbaren Hanfpflanzen von den Käufern sehr wohl zum Blühen gebracht wird. Rechtsanwältin Eva Kathrein hält dagegen: „Hanf ist ja auch dafür bekannt, ungewöhnlich viel Sauerstoff auszustoßen.“
Quelle: tt